Heiztechnik-Lexikon

Fernwärme

  1. Was ist Fernwärme?
  2. Wie funktioniert Fernwärme?
  3. Wann lohnt sich Fernwärme?
  4. Welche Vorteile bietet Fernwärme?
  5. Wie viel kostet die Beheizung mit Fernwärme?
  6. Ist Fernwärme umweltfreundlich?

Was ist Fernwärme?

Als Fernwärme bezeichnet man grundsätzlich die Lieferung von Wärme zur Beheizung von Gebäuden sowie Versorgung mit Warmwasser. Die Wärme wird in der Regel in Heizkraftwerken oder Blockheizkraftwerken, die eine sogenannte Kraft-Wärme-Kopplung verwenden, erzeugt. Bei der Erzeugung kann fast jede erdenkliche Energiequelle verwendet werden. Außerdem kann man mit speziellen Kraftwerken Abwärme aus industriellen Prozessen gewinnen und diese als Fernwärme in das Wärmenetz einspeisen. Eine Besonderheit von Fernwärme ist der Energiemix, welcher bei der Energiegewinnung zum Einsatz kommt. Hierbei können unter anderem Holz, Erdgas, Braunkohle, Steinkohle und Erdwärme kombiniert werden.

Wie funktioniert Fernwärme?

Bei der Erzeugung von Fernwärme verwenden Anbieter eine ganze Reihe unterschiedlicher Primärenergieträger. Zu den am häufigsten verwendeten Energieträgern zählen Erdgas, Biogas, Braunkohle, Steinkohle, Öl, Holz und andere Holzprodukte. Je nach Energiemix werden außerdem auch regenerative Energiequellen wie Solarthermie und Erdwärme, welche mit Großwärmepumpen erschlossen wird, eingesetzt.

Fernwärme wird zu einem gewissen Anteil mithilfe von Anlagen gewonnen, die nach dem Verfahren der Kraft-Wärme-Kopplung arbeiten und somit zugleich Strom und Wärme erzeugen. Diese Methode ist deutlich effizienter als eine getrennte Erzeugung. Es gibt insgesamt vier unterschiedlichen Arten von Kraftwerken, mit denen Fernwärme erzeugt werden kann.

Das sogenannte Blockheizkraftwerk ist eines dieser Kraftwerke. Dieser Kraftwerktyp wird in der Regel direkt am Verwendungsort der Wärme eingesetzt. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, die erzeugte Wärme in das Netz einzuspeisen. Der Strom wird entweder mit einem Verbrennungsmotoren- oder einem Gasturbinen-Antrieb erzeugt. Die Wärme bzw. Abwärme, welche zur Wärmeerzeugung genutzt wird, kann sowohl aus dem Kühlwasser als auch aus dem Motorenöl entnommen werden. Blockheizkraftwerke besitzen einen Nutzungsgrad von bis zu 90 Prozent.

Der zweite Kraftwerktyp, mit dem Fernwärme erzeugt werden kann, ist die sogenannte Entnahme-Kondensationsmaschine. Es handelt sich hierbei um eine Dampfturbine, aus der bei bestimmten Druckstufen Dampf entnommen wird. Der austretende Dampf wird jedoch nicht kondensiert, sondern dient stattdessen zur Wärmeerzeugung. Dieser Kraftwerktyp kann Normnutzgrade von bis zu 90 Prozent erreichen.

Eine Gasturbine mit Abhitzekessel ist in ihrer Funktionsweise vergleichbar mit einem Flugzeugtriebwerk. Die Turbine komprimiert die Umgebungsluft in einem Verdichter und erhitzt sie anschließend in einer Brennkammer. Der Stoff eignet sich nach dieser Umwandlung zur Krafterzeugung. Bei dieser Methode sind Normnutzungsgrade von mehr als 80 Prozent möglich.

Bei einer kombinierten Gas- und Dampfturbinenanlage fließen die Abgase vom Abhitzekessel in eine Dampfturbine, welche somit angetrieben wird. Die Dampfturbine erzeugt auf diese Weise Strom. Der Dampf, der aus der Turbine abgelassen wird, enthält außerdem noch Energie, die zur Wärmeerzeugung genutzt werden kann. Wenn bei diesem Kraftwerktyp sowohl Storm als auch Wärme erzeugt werden, kann man einen Normnutzungsgrad von bis zu 90 Prozent erreichen.

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Wann lohnt sich Fernwärme?

Die Nutzung von Fernwärme zahlt sich vor allem dann aus, wenn möglichst viele Nutzer an das Fernwärmenetz angeschlossen sind. Das liegt vor allem daran, dass die Verlegung der Netze und die Errichtung der Erzeugungsanlagen sehr kostspielig sind. Es gibt außerdem immer eine Mindestabnahmemenge pro verlegtem Meter Netz, mit der die Wirtschaftlichkeit des Systems gesichert werden soll. Fernwärme ist deshalb ideal für dicht bewohnte Gebiete. Fernwärme eignet sich nur, wenn Ihr Gebäude einen gewissen Energieverbrauch vorweist. Das Kraftwerk und die Wärmenetze werden nämlich anteilig über den Grundpreis der Abnehmer finanziert.

In Neubaugebieten ist ein Abschluss sinnvoll, wenn die umliegende Gegend dicht bebaut ist oder nah gelegene gewerbliche Nutzer auf das Netz zugreifen, da so eine hohe Anschlussrate erreicht werden kann. Fernwärme eignet sich in Neubaugebieten auch dann, wenn sie durch industrielle Prozesswärme oder Wärme aus der Müllverbrennung, welche andernfalls verloren ginge, versorgt wird. Wenn das Netz nur mit geringen Temperaturen betrieben, kann sich ein Anschluss ebenfalls lohnen.

Um abwägen zu können, ob die Nutzung von Fernwärme bei Ihrem Gebäude sinnvoll ist, sollten Sie auf jeden Fall einen Vollkostenvergleich durchführen. Bei diesem Verfahren werden alle anfallenden Kosten, inklusive Anschaffung der Heizung, Wartung und Kosten für den Schornsteinfeger, über den Nutzungszeitraum der Heizung evaluiert.

Als Fernwärme Nutzer erhalten Sie ausschließlich das fertige Produkt „Wärme“. Die Kosten für die Fernwärme beinhalten also schon die Umwandlungsverluste, welche bei der Erzeugung der Wärme auftreten. Bei einer Heizung, die mit Öl oder Gas betrieben wird, fallen die Erzeugungsverluste hingegen erste im Heizkessel des eigenen Gebäudes an. Um dieselbe Menge an Wärme zu erhalten, benötigen Sie also mehr Gas oder Öl. Ein simpler Preisvergleich zwischen Fernwärme und der Beheizung mit Öl oder Erdgas macht deshalb keinen Sinn.

Welche Vorteile bietet Fernwärme?

Abnehmer erhalten durch den Anschluss an das Fernwärmenetz eine gesicherte Wärmeversorgung, die mit wenig Aufwand oder Risiko verbunden ist. So benötigt man als Fernwärmeabnehmer zum Beispiel keinen Heizungskessel im eigenen Gebäude. Darüber hinaus fallen die Besuche vom Schornsteinfeger und die Nutzung von potenzielle gefährlichen Heizstoffen wie Öl oder Gas weg.

Fernwärme ist aufgrund ihrer hohen Energieausbeute eine besonders effiziente Versorgungsart. Da der Elektrizitäts- und der Wärmesektor beim Erzeugungsprozess aneinander gekoppelt sind, haben Fernwärmekraftwerke häufig einen Normnutzungsgrad von über 90 Prozent. Herkömmliche Elektrizitätswerke, bei denen lediglich Strom erzeugt wird, besitzen hingegen meist nur einen Normnutzungsgrad von 50 Prozent. Fernwärme kann zudem auch in Form von Abwärme in Müllverbrennungsanlagen und bei unterschiedlichen industriellen Prozessen gewonnen werden. So werden die Brennstoffe umfassender verwertet und der Ausstoß von Schadenstoffen verringert sich.

Wie viel kostet die Beheizung mit Fernwärme?

Die Kosten für die Beheizung mit Fernwärme können je nach Anbieter stark variieren. Bei Anbietern, die mehrere Fernwärmenetze betreiben, hat in der Regel sogar jedes Netzgebiet eigene Preise. So kann es vorkommen, dass Abnehmer innerhalb derselben Stadt unterschiedliche Gebühren zahlen müssen. Der Preis für Fernwärme ist für gewöhnlich von folgenden Faktoren abhängig:

  • der Arbeitspreis in Cent pro Kilowattstunde
  • der Grundpreis pro Kilowatt angeschlossener Leistung (auch bekannt als Anschlusswert oder Leistungspreis)

Mit dem Arbeitspreis rechnet der Anbieter den tatsächlichen Wärmeverbrauch ab. Beim Grundpreis handelt es sich hingegen um einen Fixpreis, der jährlich gezahlt werden muss. Er beinhaltet unter anderem die anteiligen Kosten für das Kraftwerk und Netze. Im Durchschnitt setzen sich die Kosten zu 25 Prozent aus dem Grundpreis und zu 75 Prozent aus dem Arbeitspreis zusammen. Der durchschnittliche Preis für Fernwärme beträgt ca. 9 Cent pro Kilowattstunde. Dieser Betrag beinhaltet auch den Grundpreis. Dieser Durchschnittspreis kann jedoch je nach Anbieter und Region stark nach unten oder oben abweichen.

Als Abnehmer kann man den Anbieter auch während der Vertragslaufzeit darum bitten, dass er die Leistung anpasst. Damit ist gemeint, dass der Anbieter die Wärmemenge, die dem Abnehmer maximal zur Verfügung gestellt wird, senkt. Hierbei muss man darauf achten, dass die Wärmemenge dafür reichen sollte, um am statisch kältesten Tag des Jahres weiterhin eine Raumtemperatur von 20 °C zu erreichen. Eine Anpassung der Leistung wirkt sich zudem auf den Grundpreis aus. Gemäß der Fernwärme-Verordnung kann die Leistung einmal jährlich angepasst werden (§ 3 Absatz 1). Abnehmer können die Anpassung nur zum Ende eines Kalendermonats fordern. Außerdem gibt es für die Anpassung eine Frist von vier Wochen. Wenn Sie also zum ab Juli 2022 eine andere Leistung haben möchte, sollten Sie die Anpassung zum 30. Juni 2022 fordern und sich mindestens vier Wochen im Voraus bei Ihrem Anbieter melden.

Solange die Reduktion der Leistung 50 Prozent nicht überschreitet, ist der Anbieter nicht dazu verpflichtet, den geringeren Bedarf nachzuweisen. Eine Reduktion von mehr als 50 Prozent ist hingegen nur möglich, wenn die reduzierte Leistung durch erneuerbare Energien ersetzt wird. Wenn Sie sich dazu entscheiden, komplett auf erneuerbare Energien zu wechseln, können Sie den Vertrag sogar kündigen. Hierbei gilt eine Kündigungsfrist von zwei Monaten.

Der Umstieg auf Fernwärme bringt bei kleineren Gebäuden zudem einmalige Umstellungskosten in Höhe von ca. 8000 bis 15000 Euro mit sich. Die Kosten beinhalten unter anderem die Entsorgung der alten Anlage, die Installation der Fernwärmeübergabestation und den Anschluss an das Fernwärmenetz. Zudem muss die Verteilung der Wärme im Gebäude von Fachleuten konfiguriert werden.

Ist Fernwärme umweltfreundlich?

Ob Fernwärme umweltfreundlich ist, lässt sich nicht grundsätzlich festlegen. Die Umweltfreundlichkeit ist nämlich von Faktoren wie dem eingesetzten Energieträger, der Effizienz der Erzeugung im Kraftwerk sowie der Höhe des Leistungsverlustes abhängig und kann somit je nach Anbieter und Netzregion variieren. Die Verwendung von Kraft-Wärme-Kopplung gilt ebenso wie die Nutzung von Abwärme, welche zum Beispiel während der Müllverbrennung entsteht, als besonders umweltfreundlichen Fernwärme Varianten.

Bei der Kraft-Wärme-Dopplung werden Strom und Wärme gleichzeitig in einem Prozess erzeugt. Dieses Verfahren besitzt dementsprechend eine besonders hohe Energieausbeute von bis zu 80 Prozent. Kraftwerke, bei denen die Wärme, welche während der Stromerzeugung gewonnen wird, nicht genutzt wird, haben hingegen nur eine Energieausbeute von rund 40 Prozent.

Um nachvollziehen zu können, ob Fernwärme bei Ihnen umweltfreundlich ist, sollten Sie sich deshalb von Ihrem Anbieter erklären lassen, welche Energieträger bei der Erzeugung der Wärme zum Einsatz kommen und wie hoch die CO₂-Emissionen sind. Leider sind die Anbieter oftmals nicht dazu bereit, diese Informationen mit Ihren Kunden zu teilen.

Die Effizienz des Wärmenetzes hängt primär von den Netzverlusten ab. Für die Netzverluste müssen zumindest indirekt die Kunden aufkommen, denn je höher die Netzverluste sind, desto mehr Energie wird bei der Erzeugung der Fernwärme benötigt. Anbieter sind dazu verpflichtet, die Netzverluste im Internet für Ihre Kunden in leicht zugänglicher und verständlicher Form aufzulisten.

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